Die städtischen Finanzen – ein geplanter Bankrott?

Rede von Winfried Anslinger zum Doppelhaushalt der Stadt 2013 / 14 in der Stadtratssitzung vom 13.12.2012

„Früher waren Haushalts (HH) Pläne wie Regierungserklärungen. OB und Fraktionen haben sie einmal im Jahr feierlich vorgestellt und dabei verkündet, was sie im kommenden Jahr machen wollten.

Heute sind HH Pläne meist Dokumente einer Mangelverwaltung. Das Geld ist so knapp geworden, dass es eher um Rückbau und Verkleineruncg geht als um stolze Neubauten.

Eine HOM Besonderheit ist, dass man die wenigen verbliebenen Gestaltungsmöglichkeiten wie Kombibad, Sportzentrum Erbach, Musikschule, Parkhäuser, den Ankauf strategische Grundstücke und die „Trommelbude“ an der Entenmühle aus dem regulären HH ausgelagert hat. Sie werden jetzt im Rahmen schwer durchschaubarer Sondervermögen verwaltet. In diesen „Hinterzimmer – Gesellschaften“ verbrät ein eingeschworener Club aus CDU, SPD und Verwaltung die letzten Reserven der Stadt. 

Der verbleibende HH Plan ist nur noch ein Torso. Trotzdem kann man natürlich auch da Akzente setzen. An der einen Stelle hat man mehr, an der anderen weniger gespart. Viel wurde gespart im Natur und Umweltschutz, bei der Kultur, in der Unterhaltung unserer Straßen.  Weniger wurde gespart bei Wünschen von Ortsvorstehern und Sportvereinen, in Bereichen, die von der Arbeiterwohlfahrt bespielt werden, überhaupt im Zuständigkeitsbereich des Schöner Freundes Rüdiger Schneidewind (derzeit SPD).

Alle klagen über die Finanznot der Kommunen. Ein Gutes wird dabei übersehen. Die Städte und Gemeinden werden  durch diese Lage gezwungen, wirtschaftlich zu denken. Das war bisher nicht üblich. Städtische Einrichtungen wurden gebaut, umgebaut und nach 30 Jahren abgerissen. Politiker profilierten sich gern mit Geldausgeben. Dass irgendwer das bezahlen muss, wurde selten bedacht. Wer würde sein eigenes Haus nach 30 Jahren abreißen? Auch das Gemeineigentum verdient Sorgfalt. Nicht jeder Ortsteil braucht neben den Vereinsheimen ein Dorfgemeinschaftshaus. Mehrfachnutzungen könnten Geld sparen.

Das Kirchturmdenken stößt jetzt an seine Grenze, der kleinstädtische Größenwahn. Im Angesicht unserer Schuldenberge wird das Geltungsbedürfnis politischer Repräsentanten sogar zur Gefahr.

In 20 Jahren werden wir in HOM voraussichtlich 10 % weniger Einwohner haben und der Anteil Älterer wird stark wachsen. Dieses Szenario müssen wir vor Augen haben, wenn wir heute investieren. Von daher müsste bedacht werden, dass nicht jeder Sportverein auf Zuruf einen Kunstrasenplatz bekommen kann. Wenn wir befürchten müssen, dass sich bald nicht mehr genug Freiwillige finden, um die Homburger Feuerwehr zu erhalten, muss überlegt werden, ob die jetzige Zahl der Löschbezirke bleiben kann wie bisher. Wenn wir kaum Geld haben, um das vorhandene Straßennetz zu pflegen, macht es keinen Sinn, Infrastruktur für weitere Großgewerbegebiete auf Vorrat zu bauen. Zumal sich die Frage nach dem Bedarf stellt. Keine Stadt im Südwesten hat eine vergleichbare Dichte an gewerblichen Jobs im Vergleich zu ihrer Einwohnerzahl.

Bedarf besteht stattdessen an preisgünstigem Geschosswohnungsbau. Für Familien zB, die sich kein Eigenheim leisten können. Die aber hier einkaufen und Steuern zahlen würden, wenn man sie bei uns ansiedeln könnte. Vor allem in den innerstädtischen Quartieren, wo fußläufige Versorgung möglich ist und ein Zweitauto bei manchen entfiele. Hier ist zwar ein Umdenken im Gang, das ich ausdrücklich loben will. Doch leider wirkt sich aus, dass die Stadt HOM in der Vergangenheit – anders als ZW – keine Wohnungsbaugesellschaft gegründet hat. Bisher hat man die Mittel lieber für großzügige Sportförderung und Straßenumbauten ausgegeben. Das rächt sich jetzt. Wir können selbst nicht initiativ werden. Um die Innenstadt zu entwickeln, müssen wir auf Investoren hoffen und diese subventionieren. Die Schaffung innerstädtischen Wohnraums wird nicht leicht, aber wir müssen es angehen.

Der vorliegende HH Planentwurf nimmt immer noch zu wenig Rücksicht auf künftige Szenarien. Es fehlt der Mut, kraftvoll umzusteuern. Immer noch wird zu viel Gefälligkeitspolitik betrieben, aus Angst vor den Wählern.

Niemand traut sich zu sagen, dass man sich auf Dauer keine 14 Friedhöfe mit Leichenhallen leisten kann, ohne die Gebühren drastisch zu erhöhen. Niemand traut sich zu sagen, dass der Zeitpunkt für ein Spaßbad verstrichen ist, weil die Verwaltung 10 Jahre lang untätig war und die Nachbarstädte diese Zeit genutzt haben,  um ihre Bäder zu erneuern.

Wenn man ehrlich zu den Menschen ist, verstehen sie durchaus, dass Politik kein Wunschkonzert ist und das Gemeinwohl was anderes ist als die Addition sämtlicher Einzelinteressen. Bisher hat man nach populistischen Prinzipien gehandelt und das Problem allein in den schrumpfenden Steuereinnahmen gesehen. So verlautbart es bis heute.

Fehldiagnose! Das Hauptproblem besteht in einem Mangel an Vernunft. Im gnadenlosen Gefälligkeitsdenken, im verengten Blickwinkel der Kirchturmpolitik, im Ausblenden der Zukunftsdimension. Warum sonst hat das hoch verschuldete Saarland die größte Schwimmbaddichte bundesweit?

In dieser Hinsicht ist die Finanzkrise heilsam.

Wir könnten dem HH Plan zustimmen, wenn darin zB Mittel für die Schaffung innerstädtischen Wohnraums vorgesehen wären, etwa Altbauprämien, die an Familien gezahlt werden, die ein Altstadthaus kaufen und renovieren. Wenn Gelder für Modelle altersgemischten Wohnens eingestellt würden. Wenn im Wirtschaftsplan der Bäder GmbH keine 18 Mill für den Bau eines obsolet gewordenen Kombibades vorgesehen wären, das unsere letzten Reserven aufzehren wird. Ich glaube nicht, dass wir dauerhaft auf Einnahmen aus dem Gewinn der Stadtwerke verzichten können, um dafür aus SchattenHHen Trommelbuden und Spaßbäder zu finanzieren.

Schieben könnte man die Sanierung der Merburg, die eine oder andere Straßenfertigstellung in Neubaugebieten ebenfalls. Wichtiger ist doch, dass die vielbefahrenen Straßen repariert werden. Eine Straße zum Spaßbad an der Schnellzugtrasse brauchen wir nur, wenn dasselbe gebaut wird.

Bei den Friedhöfen ist nicht erkennbar, wie die Zukunft aussehen soll.

In dieser Form bildet unser HHPlan leider noch keine zukunftsfähige Politik ab und wir müssen ihn ablehnen.“

Winfried Anslinger