Mehr Sachlichkeit ist das Gebot der Stunde – Es geht um die Zukunft der Innenstadt und nicht um diejenige des ECE!

Liegen die Nerven bei den ECE-Befürwortern nach der Informationsveranstaltung am 30. September 2011 blank? Diesen Eindruck erwecken die Reaktionen von Oberbürgermeister Karlheinz Schöner und CDU-Fraktionsvorsitzenden Christian Gläser. Aufgrund der Vorgehensweise, der Begründung sowie der Fokussierung fast ausschließlich auf das ECE-Projekt am Enklerplatz mit 18.500 m² Verkaufsfläche kann der aktuell öffentliche Stand des Einzelhandelskonzeptes von Dr. Schreiber (isoplan) den Eindruck eines Gefälligkeitsgutachtens durchaus erwecken. Es ist jedoch eine Momentaufnahme. Erst mit der Vorstellung des fertigen Gutachtens ist eine abschließende Qualitätseinschätzung möglich.  Wir gehen davon aus, dass Herr Schreiber bis zur Abgabe seines Gutachtens Ende November 2011 auf die kritischen Hinweise von „Pro Homburg“, der vier kleinen Stadtratsfraktionen sowie der beiden Experten, Dr. Holger Pump-Uhlmann und Andreas Schuder, eingehen wird.Herr Schreiber befürwortet die von allen gewünschte Ideallösung von zwei Polen entlang der Talstraße – auf der einen Seite das Vauban Carree (inkl. Erneuerung des Saarpfalzcenters), am anderen Ende die Entwicklung des Enklerplatzes. Die Knackpunkte stellen die Bewertung der Größe des ECE und die damit verbundenen Umsatzumverteilungen in der City dar. Wir fordern die Berücksichtigung realistischer Umsatzzahlen von mindestens 4.000 € pro m² (laut Experten) statt der angesetzten 3.000 € pro m² im Center. Folglich fällt der Kaufkraftentzug von den bestehenden Innenstadtgeschäften wesentlich größer aus als bisher angesetzt und eine gewisse Verödung ist wahrscheinlich. Hinzu kommt, dass laut Sachstand von Herrn Schreiber weder die Entwicklung in Zweibrücken auf der Truppacher Höhe (geplante 16.500 m² Verkaufsfläche) noch die Bebauung des Vauban Carrees mit ca. 4-5.000 m² berücksichtigt sind. Inklusive ECE erhöht sich die Verkaufsfläche in der City demnach um rd. 23.000 m² – im Vergleich zu der bestehenden Verkaufsfläche von rd. 26.000 m²! Woher soll diese zusätzliche Kaufkraft kommen?

Zugegeben, wir halten es für recht unwahrscheinlich einen zweiten Investor für das städtische Vauban Carree zu finden, wenn das ECE am Enklerplatz viermal so groß ist – von Ausgewogenheit der Pole keine Spur. Es besteht somit die realistische Gefahr, dass mehr als 2 Mio. € an Steuergeldern am Vauban Carree bereits in den Sand (Parkplatz) gesetzt wurden!

Das Einzelhandelskonzept  von isoplan sollte – unabhängig vom ECE – analysieren, welche Geschäftstypen (Lebensmittel, Textilien, Elektro), in welcher Dimension (Anzahl m²), an welchem Ort, am vielversprechendsten für die Gesamtentwicklung der Innenstadt Homburgs sind. Die Stadt darf sich nicht einem Diktat von ECE („18.500 m² Verkaufsfläche oder nichts“) beugen. ECE betreibt ja selbst deutlich kleinere Center.  Vorauseilender Gehorsam beschädigt nur die Verhandlungsposition der Stadt gegenüber dem Investor.

Laut Dr. Pump-Uhlmann gibt es weitere wichtige Kriterien für die Innenstadtverträglichkeit eines Shopping-Centers. Bietet das Center ein Vollsortiment, ist es zu sehr nach innen gerichtet und ist die Anzahl der Stellplätze zu groß, dann gibt es für die Kunden keinerlei Grund das Center zu verlassen. Es entstünde eine Stadt in der Stadt. Dies gilt es zu verhindern.

Unserer Meinung nach sollte das Gutachten von isoplan ein zukunftsfähiges Konzept für die Einzelhandelsentwicklung und Magnetwirkung der Innenstadt von Homburg als Entscheidungsgrundlage für den Stadtrat bieten. Es geht um Homburg und nicht um die Rechtfertigung eines Investitionsprojektes von ECE. Liegt das nicht auch im Interesse des Oberbürgermeisters und der großen Koalition? Fällt die Verträglichkeitsprüfung nämlich nicht neutral aus, dann eröffnet es nach Ansicht von Dr. Pump-Uhlmann die Möglichkeit einer Normenkontrollklage gegen die Centerentwicklung.

Die Zusage von Christian Gläser, die Plausibilität des Gutachtens von isoplan nüchtern zu prüfen, können wir nur unterschreiben. Dies gilt sicher auch für das Prüfen der kritischen fachlichen Einwände. Doch weisen mit Blick auf die Standortentscheidung des Kombibades die Taten von Oberbürgermeister und großer Koalition in der letzten Stadtratssitzung genau auf das Gegenteil hin. Im Rahmen des Baurechtverfahrens attestierten Fachleuten – nicht die Grünen (!) – fundierte Argumente gegen den neuen Standort: (1) die Hinkelsbix ist klimatisch ein Kaltluftbereich, (2) wertvolle Gewerbefläche wird geopfert (Wirtschaftsministerium) und (3) die Lärmbeeinträchtigung ist so groß, dass nicht einmal ein Betriebsleiter seine Wohnung im Kombibad führen darf. Yvette Stoppiera (Grüne) brachte dies als Antrag ein. Weder Christian Gläser (CDU) noch Hans Felten (SPD) oder Karlheinz Schöner fanden es wert eine Gegenrede zu formulieren – der Antrag wurde einfach niedergeschmettert. Hoffen wir, dass dieser Politikstil im Wandel begriffen ist.

Uns liegt die Zukunftsfähigkeit und Attraktivität der Innenstadt Homburgs am Herzen. Aus diesem Grund befürworten wir eine Zwei-Pole-Lösung in einer innenstadtverträglichen Größenordnung und offenen Ausgestaltung.

Marc Piazolo