Stellungnahme der Stadtratsfraktion zum Austritt von Jörg Herrlinger

Zum Austritt von Jörg Herrlinger aus der grünen Stadtratsfraktion und Partei erklärt die Stadtratsfraktion folgendes:

Jörg Herrlinger hat am Montag abend (12.12.2011) erklärt, nicht weiter bei uns mitarbeiten zu wollen. Von einem „Zerwürfnis“ mit ihm wissen weder Fraktion noch Stadtverband. Er stand seit einiger Zeit mit seiner Meinung allein, doch ist seine Meinung immer respektiert worden. Gerade bei den Grünen werden abweichende Meinungen toleriert. Ob abweichende Meinungen bei Jörgs neuer Fraktion ebenso großzügig akzeptiert werden, wird man sehen.

Unzutreffend ist die Behauptung, die Grünen würden gegen alle wichtigen Homburger Projekte stimmen. Bis jetzt hat die Fraktion allen Haushaltsplänen zugestimmt. Einschließlich der Haushaltsbegleitbeschlüsse. Wir haben das Verkehrskonzept Innenstadt (Altlast Ehrmanntraut) mitgetragen, das Märktekonzept, die Maßnahmen Stadtumbau West; der Erweiterung von Kindertagesstätten sowieso, alle Engagements im sozialen Sektor ebenfalls bestätigt. Mehr als 90 % der Entscheidungen im Rat haben wir zugestimmt.

Bei 3 Themen waren wir kontrovers:

  • Umgehungsstraßen
  • Standort des Kombibads
  • Extreme Erweiterung des Gewerbegebiets am Zunderbaum

In allen 3 Fällen wird aus richtigen Ansätzen Murks gemacht, Steuergeld verschwendet, Umweltbelastungen erhöht statt begrenzt. Bis vor kurzem hat Jörg Herrlinger auch dies unterstützt, beim Thema Umgehung der B 423 sogar öffentlich für uns Stellung genommen.

Was für ein Demokratieverständnis zeigt sich, wenn jemand Opposition gegen eine Dreiviertelmehrheit im Rat als destruktiv kennzeichnet? Will er 100 %ige Mehrheiten? Opposition gehört zu den Grundpfeilern der Demokratie. Eine autoritäre Staatsform lehnen wir ab. Im Bundestag jedenfalls gibt es mehr Kontroverses als im Homburger Stadtrat.

Dass Jörg Herrlinger behauptet, die Grünen wären gegen eine ECE Ansiedlung, hat uns ebenfalls erstaunt. Woher hat er diese Information? Unser Vorsitzender Marc Piazolo hat lediglich festgestellt, dass das Schreibergutachten fachlich ungenügend ist. Wahrscheinlich muss das Projekt kleiner oder auf 2 Standorte aufgeteilt werden, um verträglich zu sein. Bisher gibt es noch keine grüne Position dazu. Die Fa. ECE hat selbst einige Zentren in Deutschland mit 10 000 qm gebaut. Warum nicht auch in Homburg? Bis heute weigert sich die Verwaltung, einen weiteren Investor zu bringen. Wir werden unsere Position zum Einkaufszentrum festlegen, sobald wir wissen, wie viele qm für die Homburger Innenstadt verträglich sind.

Jörg Herrlinger hat sich in all diesen Fragen um 180 Grad gedreht. Das ist natürlich sein gutes demokratisches Recht. Vor Jahren dachte er an einen Übertritt zur Linkspartei, jetzt geht er zur CDU. Man wird sehen, was er sich als nächstes ausdenkt. Man muss allerdings sehen: Er hat bei der letzten Kommunalwahl ein Programm vertreten, das genau dem entspricht, was wir seitdem im Rat vertreten. Er wurde auf der grünen Liste gewählt. Wenn er jetzt sein Mandat in die CDU mitnimmt, verfälscht sein Verhalten das Wahlergebnis. Es ist zwar legal, aber moralisch kommt es einem Diebstahl gleich. Er schiebt politische Gründe vor, um andere Motive zu verstecken. Die wahren Motive liegen auf der persönlichen Ebene.

Wenn die CDU ihn jetzt aufnimmt, muss sie sich zweierlei überlegen:

  • Belohnt sie Verrat und unmoralisches Verhalten, wird sie selbst eines Tages verraten. Denken wir nur an die Wahl von Ministerpräsidenten in den Landtagen. Verrat wird immer mehr salonfähig.
  • Zum zweiten wird eine Zusammenarbeit mit uns schwierig sein, so lange Jörg Herrlinger Mitglied der CDU-Fraktion ist. Die CDU wird dadurch noch abhängiger von der SPD. Was manchen als Erfolg erscheint, kann langfristig zum Bumerang werden.

Winfried Anslinger