Rede im Stadtrat am 14. Dezember, begleitet von Zwischenrufen durch OB Schöner und aus der SPD Fraktion
Der Rat war sich einig, dass wir das ehemalige Depot am Zunderbaum in ein Gewerbegebiet umwandeln, um Firmen anzusiedeln, die in neuen Branchen zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen. Dazu ein Energiekonzept für erneuerbare Energien. Unser OB legt jetzt einen Bebauungsplan vor, der all dies verneint. Statt Gewerbe soll Großindustrie auf einer Fläche von fast 100 Hektar angesiedelt werden. Der Rat wurde nicht gefragt. Offenbar kann der Rat beschließen was er will, der OB macht auch was er will. Das Umweltministeriums hat in seiner Stellungnahme gesagt, eine Vorratsplanung diesen Umfangs sei unnötig. Bauleitpläne sollten nach dem BauGesetzBuch nur dann aufgestellt werden, wenn es für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist.
Ist es für die Entwicklung Homburgs erforderlich, innerhalb kurzer Zeit 4 Bebauungspläne für Industrie, Gewerbe und Forschung aufzustellen (Zunderbaum, Remise, Zweibrückerstr, Klinik), wenn wir jetzt bereits einen Einpendlerüberschuss von fast 20 000 Personen haben?
Wird ein weiteres Industrie und Gewerbegebiet der weiteren städtebaulichen Entwicklung Homburgs dienlich sein, welches nach Aussage des Plans „der Gewinnung von möglichst vielen Arbeitsplätzen“ dienen soll ? Vor allem wenn eine Großansiedlung angestrebt wird? Großansiedlung bedeutet: Hauptsächlich gewerbliche Jobs, wahrscheinlich ein weiterer Autozulieferer. Wir würden dadurch noch abhängiger von einer einzigen Branche, deren Zukunftsaussichten nicht eben rosig sind. Sollte sich das Elektroauto durchsetzen, würden in HOM ohnehin tausende von Jobs verloren gehen, weil dann weder Einspritzpumpen noch Kurbelwellen mehr gebraucht werden.
Man muss sich einmal die Dimension des Geplanten klarmachen: Allein die Fläche entspricht der Größe des Völklinger Hüttenareals. Unterstellt, es wäre bebaut, könnten dort leicht 10 000 Arbeiter beschäftigt sein. Kann sich jemand vorstellen, wie diese Menge an Personen und Gütern über die B 423, die jetzt schon hoch belastet ist, zu und abtransportiert werden soll?
Ein Gewerbegebiet dieser Größenordnung würden einen zusätzlichen Pendler und Lasterverkehr verursachen, der unser Straßennetz überfordert.
Ich erinnere Sie an die zahlreichen Klagen von Bürgern, die an Durchgangsstraßen wohnen, gerade an der B 423, aber auch zB an der Berlinerstraße. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein Teil des Liefer und Personenverkehrs – vom Zunderbaum aus – nicht über die A 6 abfließen wird, sondern in südlicher Richtung über die B 423 oder auch durch Erbach über die Berlinerstraße. Mit welchen Maßnahmen könnten Sie das verhindern? Weitere Umgehungsstraßen bringen hier keine Lösung, weil sie den Lärm nur großflächig verteilen und dabei Natur und Erholungsräume zerstören.
Ich erinnere daran, dass der Landesentwicklungsplan Umwelt sich in Überarbeitung befindet. Es ist möglich, dass der Bedarf an Industrieflächen in HOM angesichts unserer Probleme künftig nicht mehr so groß gesehen wird. Eine Verlagerung von Industrievorhalteflächen auf weniger verdichtete Räume im Saarland, die ebenfalls verkehrsgünstig gelegen sind, wäre im Sinne einer nachhaltigen Landesplanung.sicherlich sinnvoller.
Die Planung Zunderbaum wird aktuell noch mit dem bestehenden Landesentwicklungsplan begründet, der allerdings von der alten Landesregierung in Kraft gesetzt worden ist. Es erfolgt weder ein Bezug auf unsere Homburger Verkehrssituation, noch auf unsere städtebauliche Entwicklung. Ziel unserer Stadtplanung sollte in den nächsten Jahren sein, einen Teil der Einpendler vor Ort anzusiedeln statt zusätzliche Pendlerströme zu induzieren. Man sollte die Kirche im Dorf lassen und nach den Bedürfnissen der Menschen planen, statt nach den Vorstellungen von Landesplanern, die in SB vom grünen Tisch aus rote und grüne Markierungen auf Papier malen.
Aus unserer Sicht macht es Sinn, den vorhandenen Bestand am Zunderbaum weiter zu entwickeln, so wie wir es bisher beschlossen habe, gern auch zu ergänzen und vor allem mit einem innovativen Energiekonzept zu beplanen. Wir könnten uns zB vorstellen, dass man hier den Grünschnitt aus unserer Umgebung in einer Anlage zu Biogas macht, um Wärme und Strom zu erzeugen. Ein Nahwärmenetz existiert bereits im vorhandenen Gebäudebestand.
Statt auf Großansiedlungen zu warten, für welche ohnehin wenig Aussicht besteht, wäre es besser, hier Konversionsflächen für Kleingewerbe vorzusehen, einen guten Branchenmix, vielfältig und konjunkturstabil. Das hilft, die Probleme abzufedern, die uns die derzeitigen Großbetriebe bereiten. Es tut uns nicht gut, wenn bei jeder Konjunkturdelle tausend und mehr Leute entlassen und kaum noch Steuern bezahlt werden, wenn in den Konzernen die Beschäftigten mehr und mehr mit Zeitverträgern abgespeist werden, wenn die Allgemeinheit systemwidrig am Unternehmerrisiko beteiligt wird, die Gewinne aber bei Aktionären und auf der Vorstandsebene landen.
Dieses Wirtschaftsmodell ist weder zukunftsträchtig noch nachhaltig. Und HOM ist davon überproportional betroffen.
Wir werden dem Bebauungsplan Zunderbaum in dieser Form nicht mehr zustimmen können. Stattdessen schlagen wir folgendes vor:
- die Bebauungsfläche wieder auf das ursprüngliche Maß zu verkleinern und für G 9 ein anderes Planungsziel ins Auge zu fassen, zB Wohnbebauung mit Gewerbestreifen zur B 423 hin.
- Bei der Ausfahrt Zunderbaum ein Abbiegeverbot Richtung Innenstadt vorzusehen, sofern das möglich ist.
- Verkaufsflächen zum Anbieten gewerblicher Produkte für jedermann auszuschließen.
- Ein innovatives Energiekonzept zu entwickeln, welches das vorhandene Nahwärmenetz für die Beheizung mit Biogas nutzt.
- Zu Klären, wer wann ggf. die geplanten CEF (continuierlich ökologisch funktionale Maßnahmen) Maßnahmen durchführt.