Wer sich von der gestrigen Stadtratssitzung klärende Erkenntnisse zur Bespitzelungsaffäre um vier Mitarbeiter beim städtischen Baubetriebshof (BBH) erhoffte, der musste sich verwundert die Augen reiben. Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind, der im Herbst 2015 im Alleingang Aufträge an eine Frankfurter Detektei in Höhe von 300.000 EUR vergeben hatte, sah sich durch die Fraktionsspitzen genötigt zum Thema öffentlich Stellung zu nehmen. Das Interesse von Presse und Bürgerinnen an den Ausführungen des OB war riesig, doch der Erkenntnisgewinn zu den Hintergründen dieses bundesweit einmaligen Falls nach der Sitzung minimal. Letztlich bestätigte OB Schneidewind fast nur die schon durch Presseberichte bekannten Eckdaten – darüber hinaus sagte er nichts!
Mit Hinweis auf die drei noch laufenden Verfahren verwies das Stadtoberhaupt Details in den nicht-öffentlichen Teil – doch auch dort kam man wohl nicht zu neuen Erkenntnissen! Der für den Baubetriebshof zuständige Bürgermeister Roth verließ die öffentliche Sitzung demonstrativ und konnte deshalb erst gar nicht befragt werden. Ein Abendessen im Gleis 3 in Zweibrücken, wo er gesehen wurde, erschien ihm wohl wichtiger!
Das Wenige, was OB Schneidewind bestätigte, lässt einen schaudern: Seit vielen Jahren war ihm bekannt, dass es im Baubetriebshof massive Verletzungen von arbeitsvertraglichen Pflichten gibt. Auch nach einer Warnung durch den Abteilungsleiter des BBH im April 2015 ging das Fehlverhalten der Mitarbeiter weiter. Warum die Verwaltungsspitze nicht die internen Kontrollmöglichkeiten und darauf folgend Abmahnungen bis hin zur fristlosen Kündigung nutzte, ist und bleibt ein Rätsel.
Stolz verwies OB Schneidewind nur 240.000 EUR vom eigentlichen Rechnungsbetrag in Höhe von 300.000 EUR an das Detektivbüro überwiesen zu haben. Er hat dem Homburger Steuerzahler somit 60.000 EUR „eingespart“. Zudem sei der Betrag in 2015 verbucht, so dass der diesjährige hochdefizitäre Sanierungshaushalt davon nicht belastet werde. Daran zeigt sich die Missachtung im Umgang mit Steuergeldern – kein Problem, im Gegenzug erhöhte der Stadtrat zwei Tagesordnungspunkte später die Grundsteuer!
Ohne Stadtrat und den Vergabeausschuss zu informieren, überzog OB Schneidewind bei weitem das ihm zugedachte Limit von 50.000 EUR. Er selbst müsste für die rechtswidrige Bewilligung der Spitzelaufträge haften. Nicht nur die Verhältnismäßigkeit des Mitteleinsatzes bleibt unbeantwortet. Selbst vor der Privatsphäre der Mitarbeiter machten die Detektive wohl nicht halt: „versehentlich“ schient ein Mitarbeiter an seinem Urlaubstag (!) bis ins Ruhrgebiet verfolgt worden zu sein!
Was bleibt haften? OB Schneidewind scheut – aus wohl gutem Grund – die Öffentlichkeit weitestgehend zu informieren. Gleichzeitig tun sich Abgründe im Bereich der Personalführung und des arbeitsrechtlichen Controllings in der Stadtverwaltung auf. Von einer verantwortlichen Ausgabenpolitik kann nicht die Rede sein – letztlich scheint der Oberbürgermeister über dem Gesetz zu stehen! Homburg – quo vadis? Marc Piazolo