Stadtratssplitter 07.02.2018: Oberbürgermeister Schneidewind angeklagt, Razzia bei Bürgermeister Roth

Die Ratssitzung war im ersten Teil von den Geschehnissen des vorherigen Freitags und des politischen Erdbebens am Sitzungstag geprägt. Die Staatsanwaltschaft hat vergangenen Freitag Klage gegen den Oberbürgermeister der Kreis- und Universitätsstadt Homburg in Sachen Detektivaffäre eingereicht, am Mittwoch morgen (am Tage der Ratssitzung) führte die Staatsanwaltschaft mit einem polizeilichen Sonderermittlungskommando im Rathaus und der Privatwohnung des Bürgermeisters wegen Verdachts auf Untreue und Betrug durch.

Hierzu das Statement der Fraktionsvorsitzenden Yvette Stoppiera-Wiebelt in der Stadtratssitzung:

„Der Oberbürgermeister entschuldigt sich immer wieder für seinen – aus seiner Sicht – Fehler (Redaktionell: Verausgabung von 330.000 EUR am Stadtrat vorbei für die 7 wöchige Überwachung von 4 Bauhofmitarbeitern). Aber um ehrlich zu sein, eine Entschuldigung reicht nicht mehr aus. Irgendwann muss man aus Fehlern auch mal lernen, denn in der Vergangenheit gab es viele, die der Steuerzahler schon auszubaden hatte.

Fangen wir in der Dürerstraße an: Hier wurde den Anwohnern vom OB geraten, die städtischen Straßenausbaubeiträge anzufechten. Es entstanden daraufhin Kosten beim Kreisrechtsausschuss und weiterführend bei den Gerichten, obwohl die Rechtslage eigentlich klar war.

Die Meinungsumfrage zum Windpark hat den Steuerzahler mit Sicherheit einen fünfstelligen Betrag gekostet, trotz der Bitte der Kommunalaufsicht die Briefe zur Meinungsumfrage nicht zu verschicken. Trotzdem verließen die Briefe das Rathaus. Der OB damals, zitiert in der Rheinpfalz, einer Bitte der Kommunalaufsicht müsse man nicht folgen. Daher ließ der Bescheid der Nichtauswertung nicht lange auf sich warten.

Beim Enklerplatzverfahren musste der Ratsbeschluss wegen des rechtswidrigen Ausschlusses von Carola Piazolo und mir aus dem Bauausschuss wiederholt werden. Die unsaubere Befangenheitsprüfung führte dazu, dass die Anreise und die Anwesenheit der teuren Gutachter doppelt bezahlt werden musste.

Und neben der Detektivaffäre gibt es noch die Gasversorgungsaffäre, wo auch hier nach Gutsherrenart ohne der gesetzlich geforderten Ausschreibung am Stadtrat vorbei der Versorgungsauftrag vom Oberbürgermeister erteilt wurde. Obwohl er wusste, dass er  dies nicht durfte und die eigene Verwaltung bei einem 3 Jahres-Vertrag die Ersparnis für den Steuerzahler auf 50.000 EUR pro Jahr bezifferte.

Wenn man diese Vorgänge – und das sind nur die, von denen wir wissen – zusammenfasst, haben die „Fehler“ des Oberbürgermeisters inzwischen schon die halbe Million Euro erreicht. Und da diese „Fehler“ in einer Regelmäßigkeit passiert sind, ohne dass ein Lerneffekt eingesetzt hat, kann man nicht mehr von Fehlern sprechen, sondern von System. Eine Entschuldigung ist da nicht mehr ausreichend, denn sie verhöhnte jeden rechtschaffenden Bürger.

Ich habe es satt, wie in Homburg mit den Steuergeldern umgegangen wird.

Kommen wir zum Bürgermeister.

Nach den heutigen Anschuldigungen, die den Bürgermeister betreffen, sind wir schlicht fassungslos und wütend. Alt-OB, amtierender OB und Bürgermeister sind nun Gegenstand von strafrechtlichen Ermittlungen. Das ist wohl einmalig in Deutschland. Die Bürger sind zu Recht empört.

Wenn es zuträfe, dass eine EDV-Verkabelung bezahlt worden sei, obwohl die Leistung nicht geliefert wurde, dass zeigt dies organisatorische Mängel im Controlling auf. Vor 2 Jahre haben wir erfahren, dass seit 2011 die wichtige VISA-Prüfung nach dem Outsourcen des Rechnungsprüfungsamtes an den Landkreis nicht mehr durchgeführt wird. Früher haben die Rechnungsprüfer noch nachgeschaut, dass die in Rechnung gestellten EDV-Kabel auch tatsächlich eingebaut wurden! Die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft sollten doch nun endlich mal ausreichend sein, um Gegenmaßnahmen einzuführen!

Unabhängig davon, ob sich wer bereichert hat, oder seine Vermögensbetreuungspflicht aufs Gröbste verletzt hat, beide Sachverhalte stellen schwerwiegende Vergehen dar, die strafrechtlich verfolgt werden.

Die Vorwürfe um Bürgermeister Roth, die heute von der Staatsanwaltschaft in den Raum geworfen wurden, zeigen zusammen mit der Anklageerhebung gegen den Oberbürgermeister Schneidewind, dass die Stadtverwaltung Homburg spätestens jetzt nicht mehr funktioniert und die Stadt führungslos ist. Sowohl dem Amt des Oberbürgermeisters als auch dem Amt des Bürgermeisters wird ein Schaden von großem Ausmaß zugefügt. Das Vertrauen in Politik, Verwaltung und Staat wird beispiellos verspielt, das Misstrauen und die Politikverdrossenheit werden immer größer.

Aus unserer Sicht ist die amtierende Stadtspitze um Oberbürgermeister Schneidewind und Bürgermeister Roth, solange die Vorwürfe weiter im Raum stehen, nicht mehr tragbar. Wir fordern beide auf, ihre Ämter sofort ruhen zu lassen, um weiteren Schaden von der Stadt Homburg abzuwenden.“