Homburg Ost – Aufhebung des Ratsbeschlusses zu Variante 2 gescheitert

Wir Grünen stellten für die Ratssitzung am 24. Oktober 2019 den Antrag, den Beschluss der Ratssitzung vom Dezember 2018 zum Autobahnanschluss Homburg Ost Variante 2, aufzuheben. Begründung: die Umweltverträglichkeitsprüfung des Landesbetriebs für Straßenbau hat ein eindeutiges Ergebnis zugunsten der kleinen Variante 1 ergeben. Dementsprechend wird der LfS auch dem Bund die Vorzugsvariante 1 zum Bau empfehlen!

Bei erfolgreicher Aufhebung der Vorzugsvariante 2 hätte dann der Rat über das Umschwenken auf die verträglichere, kleinere Variante 1 als Alternative zur Null-Variante abgestimmt. Durch die mehrheitliche Ablehnung der Aufhebung des Ratsbeschlusses von Dezember 2018 (25:15 Ratsmitglieder) ändert sich für die Stadt planungsseitig erst einmal wenig.

Seit über 10 Jahren ist der Autobahnanschluss Homburg Ost immer wieder auf der Tagesordnung des Stadtrates. Die letzten großen Vorstellungen des LfS erfolgten in den Ratssitzungen im Jahr 2010 und 2011. Damals wurde vom Stadtrat noch mehrheitlich die ganz große Variante 5 auf der Glantalbahnlinie, unmittelbar am Natura 2000/Flora-Fauna-Habitat-Gebiet angrenzend favorisiert. Wir Grüne hatten uns schon damals aus Gründen der absoluten Umweltunverträglichkeit und der damit verbundenen Unrealisierbarkeit dagegen gestellt. Für diese Variante sollte der gesamte Erbacher Wald zerstört werden. Umweltschutz-, Klimaschutz- und Naturschutzbedenken hatten wir geäußert. Durch die große Variante wurden zusätzlich noch weitere Bedürfnisse in der Politik geweckt, nämlich den gesamten Erbachwald für weitere Industrieansiedlungen zu opfern. Das hielten wir damals wie heute für falsch.

Nachdem die Stadt die Planung an sich gezogen hatte, musste sie jedoch eingestehen, dass nur noch die beiden Varianten 1 bzw. 2 im Rennen blieben. In der gesamten Diskussion um eine neue Auffahrt Homburg-Ost sollte man nicht vergessen, dass die Verkehrswissenschaftler vom LfS aufgrund der vielen Ein- und Auspendlern nach Homburg und den vielen Lieferverkehren gerade im Bereich der Anschlussstellen an der A6 einen dringenden Handlungsbedarf sehen. Die Fachleute befürworten die Variante 1, um Pendler und Lieferverkehre direkt in das Industriegebiet Homburg-Ost zu leiten. Bruchhof und große Teile Erbachs entlang der Berliner Straße wären entlastet.

Fordert man die Nullvariante (gar keinen Autobahnanschluss Homburg-Ost – wie die Linke) müssen wir Bürger*innen auch mit den Konsequenzen der Entscheidung leben und diese ehrlich kommunizieren.

In derselben Oktobersitzung des Stadtrates wurde auf Initiative der Linken eine Resolution verabschiedet, die darauf abzielt, dass die Homburger Politik alles dafür tun solle, um die vielen Industriearbeitsplätze in Homburg zu erhalten. Mit der Entscheidung für Variante 1 hätte man genau das erreicht.

Aus städtebaulicher Sicht ist die gezielte Leitung des Verkehrs durch die neue Anschlussstelle ein großer Vorteil. Denn damit werden Umwege verringert, das bedeutet, es wird weniger CO2 im Verkehr ausgestoßen, das Klima wird geschützt, weil einfach unnötige Wege wegfallen. Die Anwohner in den derzeit stark belasteten Straßen wie der Berliner Straße oder in Bruchhof aber auch in Kleinottweiler müssen weniger Feinstaub und Stickoxide einatmen, die Gesundheit profitiert davon und die geänderten Verkehrsflüsse für den Lieferverkehr führen zu weniger Lärmimmissionen an den bewohnten Straßen. Zusätzlich haben die Anwohner an der Robert-Bosch-Straße als Autobahnzubringer nur mit Variante 1 einen Rechtsanspruch auf Lärmschutzmaßnahmen. Bei Variante 2 haben sie aufgrund der größeren Entfernung keine Ansprüche mehr, obwohl Verkehrslärm weiterhin emittiert wird. Zudem trägt Homburg Ost zur Verkehrssicherheit auf der Bundesautobahn A6 bei. Bleibt die Nullvariante bestehen, dann könnte Rückstau auf die A6 entstehen und die Unfallrisiken erhöhen.

Verkehr sollten wir systemisch denken. Zunderbaum und Erdbeerland sollen weiter mit Industrie und Gewerbe aufgesiedelt werden. Die Aufsiedlung am Erdbeerland werden wir brauchen, denn die Automobilindustrie ist im größten Transformationsprozess ihrer Geschichte, und der Homburger Standort muss sich weiter von der Automobilindustrie unabhängig machen, um zukunftsfähig zu sein.

Die A6 Ausfahrt Homburg/Bexbach ist bereits jetzt in Spitzenzeiten hoch belastet. Mit dem zusätzlichen Verkehr, der durch die Aufsiedlung des Erdbeerlandes entstehen wird, werden wir ohne Homburg-Ost in Erbach richtige Verkehrsprobleme bekommen. Diese Verkehrs- und Lärmbelastung wollen wir für die Bewohner in der Berliner Strasse nicht.

Mit einer Realisierung der Auffahrt Homburg-Ost in der Variante 1 kann der Stadtrat gestalten und den Standort sichern. Handeln, wie es die Resolution der Linken verlangt. Doch der Stadtrat scheute sich mehrheitlich. Mit Variante 2, die nicht realisiert werden wird und der daraus wahrscheinlichen Nullvariante, sichert man keine Arbeitsplätze, denn die globalen Standortentscheidungen sind brutal. Industriestandorte, die keine passende Verkehrsinfrastruktur haben, werden keinen Bestand haben. Die Ansiedlung von Zukunftstechnologien geht derzeit am deutschen Markt komplett vorbei. Wenn man sich überlegt, welche Industriebetriebe im Homburger Osten angesiedelt sind, dann sind es die Firmen die gute Chancen im Transformationsprozess haben. Da ist die Michelin, die mit der Marktdurchdringung von Elektroautos ein weiterhin konstantes Geschäftsfeld aufweisen wird, die Schaeffler will auch zukünftig Radlager produzieren und Bosch will die Brennstoffzelle. Wenn wir diesen Unternehmen keine ordentliche Infrastruktur zur Verfügung stellen, ist die Sicherheit aller Arbeitsplätze gefährdet und die Resolution der Linken verfehlt ihr Ziel. Eine Standortentscheidung steht und fällt mit der Erreichbarkeit des Standortes.

In der Abwägung all dieser Faktoren haben wir Grünen uns schon im Dezember 2018, als damals einzige Fraktion im Stadtrat, für die umwelt- und naturschonendere Variante 1 ausgesprochen. Das sture Festhalten des Rates an Variante 2 führt voraussichtlich zur Nullvariante. Die Einzelinteressen Weniger werden damit über die Interessen der großen Mehrheit gestellt. Weder wird so der Wirtschaftsstandort Homburg gesichert, noch eine effektive Entlastung vieler Betroffener angestoßen.