Die Fortschreibung des Märktekonzepts enthält Mängel und Widersprüche. Seit mehr als 10 Jahren vergibt die Stadt Aufträge an Isoplan (Dr. Schreiber) für Entwicklungs-, Märkte- und Einzelhandelskonzepte. 2006 legte Herr Schreiber ein Märktekonzept für Homburg vor, ohne ein Einkaufszentrum zu empfehlen. Aufgrund der demographischen Entwicklung würde Kaufkraft entfallen und in der Innenstadt sei die Verkaufsfläche um „mindestens 2.500m²“ (S. 50) zu reduzieren. Doch dann kamen ECE und neuerdings Herr Jagdfeld mit ihren Centerplänen – diese mussten begründet werden.
In 2011 stellte Herr Schreiber dem ECE-Center eine Unbedenklichkeitsbescheinigung über zusätzliche 18.200m² aus. Die Landesplanung verordnete Anfang 2014 jedoch eine Obergrenze von 16.500m² mit sortimentsspezifischen Grenzen für die Verkaufsflächen. Das aktuelle Gutachten (Juli 2015) verargumentiert – jetzt völlig überraschend – genau diese rechtlich zulässig Obergrenze für den Enklerplatz. Ein roter Faden in der Stadtentwicklung ist nicht zu erkennen, stattdessen ein ständiges Orientieren an den größten Investor.
Interessant ist zudem, dass Isoplan in der Vorabversion des aktuellen Gutachtens (Juni 2015) die Zahl der durch die Konkurrenz eines Centers zur Schließung gezwungenen Einzelhandelsgeschäfte und Apotheken in der Innenstadt genau bezifferte: die Schließung von mindestens 10 bis zu 29 Geschäften sei zu erwarten! Wer hat denn veranlasst, dass diese realistische und politisch sensible Darstellung in der aktuell vorliegenden Version nicht mehr enthalten ist?
An dem vorliegenden Einzelhandelskonzept sehen wir vier klare Versäumnisse:
1.) Im Märktekonzept wird nicht quantifiziert, wie hoch der zusätzliche Bedarf an Verkaufsflächen in den einzelnen Segmenten ist. Es wird damit nicht empfohlen, wie groß die zusätzlichen Flächen – nach Meinung des Gutachters – idealerweise sein sollten.
2.) Für drei Warengruppen Körperpflege/Optik, Bekleidung und Schuhe kommt es zu Umsatzverlagerungen von weit mehr als die Schädlichkeitsschwelle (10%) zulässt. Als Konsequenz hätte der Gutachter eine deutliche Reduktion der zulässigen Verkaufsfläche fordern und quantifizieren müssen. Hier besteht Bedarf zur Nacharbeitung.
3.) Ein Center braucht Ankermieter in den Bereichen Bekleidung und Unterhaltungselektronik. Das vorliegende Konzept, wie auch das vorherige Lademann-Gutachten und die potentiellen Investoren, setzen voraus, dass das Center am Enklerplatz nur dann ein Erfolg werden kann, wenn der Mediamarkt in das Center einzieht oder durch einen anderen Anbieter, wie Saturn, ersetzt wird. Lt. Lademann Gutachten (2013) bietet Homburg für einen zweiten Elektronikfachmarkt zu wenig Kaufkraft. Alpha-Tec und Pro-Markt haben ja erst wenigen Jahren ihr Geschäft aufgegeben.
Die Nichtberücksichtigung der Verlagerung des Mediamarkt-Umsatzes in der Berechnung widerspricht jeder wirtschaftlich-fundierten Erhebung. Die Verlagerungsumsätze sind deshalb zu berücksichtigen und dann wären die Umsatzverlagerungen im Elektronikbereich bei weit mehr als 80%. Städtebauliche Auswirkungen sind damit vorprogrammiert und die Innenstadtverträglichkeit ist definitiv nicht mehr gegeben!
4.) Die 50% Erhöhung des Einzugsbereiches wird damit begründet, dass dieses Mal aufwendiger geforscht und evaluiert wurde – wenn dem so ist, waren die Gutachten vom selben Gutachter vorher dann nicht ausreichend recherchiert bzw. beurteilt?
Wir wollen eine Stärkung des Einzelhandels in Homburg. Wir wollen eine städtebauliche Entwicklung auf dem Enklerplatz – nur, diese muss auch innenstadtverträglich sein. Aus unserer Sicht begründet das vorliegende Märktekonzept durch eine fachlich zweifelhafte Vorgehensweise punktgenau die rechtlich zulässige Erweiterung der einzelhandelsrelevanten Verkaufsfläche um +16.500m² am Enklerplatz. Genauso wie es der Auftraggeber, die Stadtverwaltung mit dem Investor im Hintergrund, vorgegeben und das Land aus raumordnerische Sicht 2014 genehmigt hatte.
Von einem Auftragnehmer der Stadt dürfen wir erwarten, dass er im Sinne der Bürger Homburgs konkrete Empfehlungen für die Einzelhandelsentwicklung ausspricht. Nachhaltige Stadtentwicklung heißt nicht, das landesplanerisch maximal Mögliche zu verargumentieren, sondern eigene Handlungsempfehlungen auszusprechen. Wie könnte eine zukunftsgerichtete und innenstadtverträgliche Entwicklung des Einzelhandels am Enklerplatz und mit Berücksichtigung des Vauban-Carreés aussehen?
Das maximal Mögliche an Verkaufsfläche auf dem Enklerplatz ruft gravierende Probleme an anderer Stelle hervor. Dies müssen wir als Stadträte, die das Wohl der gesamten Stadt im Blick haben, in unseren Entscheidungen berücksichtigen. Das Einzelhandelskonzept ist in diesem Sinne nachzuarbeiten.
Carola Piazolo
P.S.: Auf der Basis dieses mangelhaften Märktekonzeptes hat die Stadtratsmehrheit (Homburger GroKo) die Bebauungsplanung genehmigt und vorher noch schnell die Befangenheit von Carola Piazolo (Sippenhaft) festgestellt. Wir werden uns auch weiterhin für eine innenstadtverträgliche Einzelhandelsentwicklung einsetzen! MP